Die Fake News des ZDF

 

Gibt es im ZDF keine Meinungsfreiheit mehr?

 

Katrin Seibold arbeitete eigenen Angaben zufolge 18 Jahre als Redakteurin für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF). Angestellt war sie auf der Basis von Honorarzeitverträgen, wie das bei den Medien, selbst bei den finanziell üppig ausgestatteten und gut gepolsterten Öffentlich-Rechtlichen, mittlerweile gang und gäbe ist. Zuletzt war Frau Seibold für das ZDF in der Mainzer Zentrale tätig. 2021 wurde ihr gekündigt. In ihrem Kündigungsschreiben findet sich nach ihrer Aussage folgender Satz: „Redaktionssitzungen werden von Ihnen immer wieder für Kritik am System genutzt, was bei Kolleg*Innen erhebliche Störgefühle auslöst.“ Am 22. Februar 2022, in der Sendung „Viertel nach Acht“, berichtet Frau Seibold auf Bild-TV vom „Giftgasangriff in New York“

 

Das ZDF und der „Giftgasangriff in New York“

 

Gleich zu Beginn ihrer Laufbahn 2003 hat Frau Seibold in der New Yorker Redaktion als Hospitantin nach eigenen Angaben das erste Mal an einer Fake-News-Produktion mitgewirkt. Der damalige Korrespondent Udo van Kampen habe aus Mainz die Nachricht erhalten: Giftgasalarm in New York – Alarmstufe „Orange“. Das war im Februar 2003, im Vorfeld des Irakkriegs, der am 20. März 2003 losbrach.

Trotz Recherche der New Yorker Redaktion ließ sich die Richtigkeit der Meldung nicht bestätigen. Indes, Mainz benötigte dringend einen Beitrag „für die Aktualität“ – so Frau Seibold. Der Korrespondent Udo van Kampen erklärte deshalb kurzerhand: wisst ihr was, Leute, wir brauchen den Beitrag. Daraufhin fuhr ein Kamerateam zur Wohnung des Korrespondenten, dessen Nachbar herausgeklingelt wurde. Auf Geheiß des Korrespondenten dichtete der Mann die Fensterritze mit einem Duck-Tape (Gewebe-Klebeband) ab, denn es könnte ja Giftgas in die Wohnung eindringen.

Nachdem das abgedreht war, wurde Frau Seibold laut eigener Aussage mit einem Kamerateam zu einem Laden geschickt, in dessen Schaufenster eine Puppe mit Gasmasken stand. Der Auftrag lautete, so Frau Seibold, möglichst Leute zu finden, die vor der Kamera sagen würden, sie hätten Panik vor einem Giftgasangriff. Der Laden war allerdings gähnend leer. Daraufhin seien nur die Gasmasken im Schaufenster gefilmt worden. Im Anschluss erhielt Frau Seibold einen Anruf der Producerin, die meldete, sie hätten einen Laden ausfindig gemacht mit Leuten, die bereit wären auszusagen, sie hätten Giftgasangst. Das Filmmaterial wurde zu einem Beitrag zusammengeschnitten, der Mitte Februar 2003 ausgestrahlt worden sei. Laut Katrin Seibold sei dieser Beitrag immer noch in der Mediathek des ZDF vorfindbar. Das allerdings kann der Autor dieses Artikels nicht bestätigen. Er bekam auf der ZDF-Mediathek nur die Meldung: „Kein Ergebnis für „Giftgasangriff New York“.

 

Doch ist hier Häme fehl am Platz

 

Aus der Perspektive der damaligen ZDF-Macher ist „Giftgasangriff in New York“ ein tollkühnes Husarenstück. Die Story ist zum Kringeln ob ihrer findigen Bizarrheit. Sie ist darüber hinaus dramaturgisch des großen Lügenbarons Münchhausen ebenbürtig. Und doch sind Spott und Häme über derartige Fake-News hier fehl am Platz! Denn dazu ist das Problem viel zu massiv und viel zu ernst. Wer Seibolds Ausführungen zu „Giftgasangriff in New York“ hört (und glaubt), wundert sich nicht mehr, warum dem Edelman Trust Barometer zufolge das Vertrauen der deutschen Bevölkerung in die Medien dramatisch erodiert. Letzteres sank zwar im Laufe des Jahres 2021 nur um 5 Punkte. Aber mit derzeit 47 Punkten ist es ohnehin auf einem historischen Tiefstand. Weniger als jeder Zweite vertraut noch den Medien. Zumal den Öffentlich-Rechtlichen laufen die Menschen in Scharen davon. Und es sind zumeist die Jüngeren, gut Ausgebildeten, Erfolgreichen.

 

Vertrauen ist wie ein Baum

 

Was ZDF-Legenden wie Wolf-Dieter Poschmann, Thomas Gottschalk oder Peter Hahne – allesamt Meister ihres Faches – in Jahrzehnten aufgebaut haben, liegt in Trümmern, eingerissen. Mit dem kostbaren Gut „Vertrauen“ verhält es sich wie mit einem Baum: In hundert Jahren Ring um Ring gewachsen, ist er binnen Minuten mit der Motorsäge gefällt und zu Kleinholz verarbeitet. Das ZDF, dieser einst so wichtige integrale Bestandteil der vierten Gewalt, dieser ehedem unverrückbare Pfeiler der Demokratie, ist dabei, ohne Not seine Glaubwürdigkeit durch derartige mutmaßliche Fake-News selbst zu zerstören.

 

Es kommt noch schlimmer…

 

Mittlerweile ist in den Augen weiter Kreise der Bevölkerung das Vertrauen in die Medien (nicht allein des ZDF) restlos erledigt. So gesehen bleibt einem das Lachen über die Giftgas-Klamotte im Halse stecken, und man fragt sich entgeistert nur noch: Warum? Was reitet die Verantwortlichen?

Und es kommt noch schlimmer: Was, wenn die Geschichte von Katrin Seibold auf Bild-TV nur erfunden wurde, um das ZDF mal richtig anzuschwärzen? Ist das Ganze am Ende selbst eine fantastische Fake-Story, also auch Fake-News? Wem kann man hier noch trauen?

Diese Frage ist Sprengstoff für jedes politische System. Besonders aber für die Demokratie.

 

(Quelle: https://finanzmarktwelt.de/zdf-die-fake-news-produktion-giftgasangriff-in-new-york-226559/)